Verein vergibt seit neun Jahren bedingungsloses Grundeinkommen

1000 Euro Grundeinkommen - ohne Bedingungen, ohne Steuern, einfach so. Was würde das mit dem eigenen Leben machen, welche Wünsche könnte man sich erfüllen und wie sehr stiege damit das eigene Glück? 

Diesen Fragen auf den Grund zu gehen, beschäftigt den Verein "Mein Grundeinkommen" bereits seit 2014 - und das ganz praxisnah, denn regelmäßig vergibt der Verein ein Grundeinkommen für ein Jahr. Über 1400 Menschen konnten davon bereits profitieren und haben mit der Welt geteilt, wie das ihr Leben verändert hat. 

200.000 Spender geben regelmäßig Geld


"Wir haben drei Millionen registrierte Nutzer und Nutzerinnen und jeden Monat werden 25 dieser Grundeinkommen verlost - und das ist ein großes Spektakel", berichtet Gründer Michael Bohmeyer. Ist das ganze also letztendlich eine Lotterie? Nein, erklärt Bohmeyer: "Das Interessante bei uns ist, man muss kein Geld geben um mitmachen zu können. Man braucht einfach nur eine E-Mail-Adresse. Es können sogar Kinder mitmachen und Menschen, die nicht deutsche Staatsbürger sind - es gibt keine Bedingungen oder Einschränkungen."

Wer das Projekt der verschenkten Grundeinkommen unterstützen möchte, hat aber die Möglichkeit monatlich zu spenden. "Interessanterweise tun das auch rund 200.000 Menschen, die insgesamt etwa eine Summe von einer Million Euro im Monat spenden. Diese Menschen geben das Geld, damit das gesamte System funktionieren kann", erklärt Bohmeyer. 

Grundeinkommen ist steuerfrei


Wer das Grundeinkommen für ein Jahr bekommt, der erhält das Geld als steuerfreie Schenkung - also kommen tatsächlich die vollen 1000 Euro pro Monat auf dem Konto an. "Ich weiß, dass das alles zu schön klingt um wahr zu sein, aber es ist wirklich seit neun Jahren die Realität", lacht Michael Bohmeyer. 

Mittlerweile ist aus dem Projekt und den Erzählungen der Grundeinkommens-Gewinner auch ein Buch und Hörbuch mit dem Titel "Was würdest du tun?" hervorgegangen. Darüber hinaus wuchs vor drei Jahren eine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), erklärt Bohmeyer. "Neben unserern monatlichen Verlosungen gibt es jetzt dort auch noch unser Pilotprojekt. Hier bekommen Menschen drei Jahre lang 1200 Euro im Monat. Über diesen Zeitraum wird auch von verschiedenen externen Instituten unabhängig geforscht - die ersten Ergebnisse werden wir im nächsten Jahr bekommen. Dann haben wir nicht nur gute Geschichten, sondern auch wissenschaftlich belastbares Datenmaterial."

Groß angelegte Studie mit Empfänger- und Vergleichsgruppe


Zum Team am DIW gehört auch Prof. Dr. Jürgen Schupp. Er erklärt "Wir begleiten nicht nur die 122 Personen, die das Grundeinkommen überwiesen bekomme, sondern auch eine sehr große Vergleichsgruppe von etwa 1400 Personen, um zu sehen, inwieweit diese Geldzahlungen wirklich ursächlich etwas mit den Menschen machen." 

Es gebe beim Thema Grundeinkommen jede Menge Stereotype und Vorurteile, etwa, dass die Menschen damit "satt und faul" würden und niemand mehr mit einem Grundeinkommen einer geregelten Arbeit nachgehen würde. "Das sind typische Hypothesen, denen wir wissenschaftlich auf den Grund gehen wolle", so Schupp. 

Gesellschaft wird Debatte mit Politik anstoßen müssen 


Das Interesse am Thema Grundeinkommen sei in der Bevölkerung ungebrochen hoch - es hätte "große Sympathien". In der Politik sieht das anders aus. Keine von den im Bundestag vertretenen Parteien wirbt offen für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Hier wird es an der Zivilgesellschaft sein, die Debatte um das Thema voranzutreiben. 

"Ich will die zukünftige Einführung eines Grundeinkommens für alle nicht ausschließen, bin allerdings auch Realist genug, dass ich sehe, dass das noch ein langer Transformationsprozess sein wird", sagt Schupp. "Ich sehe aber durchaus Beweise, dass schleichend die Prinzipien, die dem Grundeinkommen zugrunde liegen, nämlich dass regelmäßig ein gleicher Betrag an alle Personen ausgezahlt werden soll, auch als gerecht in der Gesellschaft empfunden wird."

Erfurter Familie zieht Resümee nach einem Jahr


Familie Hundertmarck aus Erfurt konnte hautnah am Experiment Grundeinkommen teilnehmen. Nach anderthalb Jahren wurde die Gewinnziffer der Tochter bei einer der Grundeinkommens-Lotterien gezogen, berichtet Papa Kai Hundertmark. "Wir haben das ganze versucht so gut es ging sinnvoll und nachhaltig anzulegen und haben einen Teil davon in ein Ausbauprojekt bei uns zu Hause investiert. Wir haben ein bisschen was in unsere Hobbys investiert und auch in Reisen, beziehungsweise in Camping-Utensilien, weil wir leidenschaftliche Camper sind. Wir haben es genutzt um uns ein paar Sachen zu erleichtern und eben auch manche Kaufentscheidung doch etwas lockerer zu gestalten, las sonst." 

Das sich das bedingungslose Grundeinkommen für alle Menschen lohnen würde, davon geht Kai Hundertmark nach den Erfahrungen seiner Familie aus. "Dieses Polster im Hintergrund hat uns einfach viel ruhiger schlafen lassen", resümiert er.  Allerdings, so gibt Kai auch zu bedenken, sei ihm schleierhaft, wie das finanziert werden sollte. 

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