Wetterchaos - normal oder menschengemacht?

Brütende Hitze, Hagelstürme, Unwetter mit Überschwemmungen – das Wetter diesen Sommer scheint besonders launisch zu sein. Ist das nun bereits der Klimawandel oder ist dieses Wetterchaos eigentlich ganz normal? LandesWelle Thüringen hat für Sie nachgefragt.


Wetter ist nicht gleich Klima

Tief "Arno" hat uns letzte Woche wieder einige, teils heftige, Regenfälle beschert: Nach stundenlangen Regenfällen stiegen die Flusspegel an, Bäume stürzten um, Äste brachen ab und sorgten auf den Straßen für Chaos. Vor allem auf der A4 bei Jena gab es zahlreiche Unfälle. Die Feuerwehr musste vollgelaufene Keller auspumpen. Eine Wetterlage, die es in Thüringen diesen Sommer nicht zum ersten Mal gibt.

Dass es immer wieder besonders heiße oder nasse Sommer gibt, ist erstmal nichts Ungewöhnliches. Denn „das“ Sommerwetter gibt es per se erst einmal nicht. Weiterhin muss man bei diesem Thema zwischen den Begriffen „Wetter“ und „Klima“ unterscheiden. Dr. Heike Wex, Physikerin am Leibniz Institut für Troposphärenforschung in Leipzig beschreibt den Unterschied folgendermaßen: „Wetter ist das, was wir gerade sehen. Und Klima ist das langjährig gemittelte Wetter. Da wird in der Klimaforschung üblicherweise ein Zeitraum von 30 Jahren verwendet.“

Angesprochen auf das Chaoswetter, das wir diesen Sommer erleben, meint Wex, dass solche Sommer nicht unüblich sind. Hitzesommer oder auch sehr nasse Monate gehören da immer wieder dazu. Allerdings nehme die Wahrscheinlichkeit von Wetterextremen immer weiter zu: „Wenn man sich das längerfristig anguckt, […] findet man dabei auch raus, dass das, was wir jetzt sehen, diese extremen Niederschläge und die langen Dürren, dass das viel wahrscheinlicher ist. Weil es durch die Klimakrise jetzt schon wärmer geworden ist.“


Klimakrise wird seit Jahrzehnten vorausgesagt – jetzt muss gehandelt werden

Dass diese Krise real ist und schnell angegangen werden muss, hält die Wissenschaftlerin für unumgänglich – zumal seit Jahrzehnten von Wissenschaftlern davor gewarnt wird.
„Wir haben dieses Jahrzehnt, um das Ruder rumzureißen.“ (Dr. Heike Wex, Physikerin am Leibniz Institut für Troposphärenforschung Leipzig)

Den Weg dahin beschreibt Frau Dr. Wex folgendermaßen: „Treibhausgase runter! Wir müssen aufhören Kohle, Öl und Gas zu verbrennen. Und wir müssen auch aufhören Methan in die Atmosphäre zu blasen. Und das gleich ist mit Lachgas: Das ist auch eines der wichtigen Gase, das zum Beispiel bei der Überdüngung von Feldern eingesetzt wird. Diese Sachen müssen eingeschränkt werden!“

Und dabei kommt es nicht nur auf die Politik oder die Wirtschaft an, sondern auf jeden einzelnen Menschen. Der Weg, der jetzt eingeschlagen wurde, ist gut, muss aber noch konsequenter verfolgt werden.


Klimaereignisse weltweit lassen auf fortschreitende Klimakrise schließen

Es brennt - weltweit. Und das forderte in den letzten Wochen wohl auch hunderte Menschenleben. In Kanada wurden zuletzt 49,5 Grad gemeldet, ein trauriger kanadischer Spitzenwert. Selbst im sonst doch eher kühlen Finnland stiegen die Thermometer zuletzt auf 33,5 Grad an. Und das soll es wohl für dieses Jahr noch nicht an Hitzewellen gewesen sein.

Dass der Klimawandel einen entscheidenden Einfluss auf diese Wetterlage hat, zeigte nun eine Studie führender Klimawissenschaftler und Klimawissenschaftlerinnen für Nordamerika. Die Forscher der Princeton University, der University of Oxford, der ETH Zürich, der Columbia University und des Deutschen Wetterdienstes schreiben in ihrer Analyse, dass die schwere Hitzewelle ohne den Einfluss des Klimawandels "nahezu unmöglich" sei. Der Ausstoß von Treibhausgasen habe die Wahrscheinlichkeit für solch ein Szenario 150 Mal wahrscheinlicher gemacht. Außerdem sei die aktuelle Hitzewelle rund 2 Grad wärmer, als ohne den Einfluss des Klimawandels wahrscheinlich.


Klimawandel kostet bares Geld

Die Wetterextreme, die immer stärker zunehmen, kosten am Ende bares Geld: Laut einer Analyse des Maklerunternehmens Aon führten Naturkatastrophen im vergangenen Jahr zu wirtschaftlichen Verlusten in Höhe von 268 Milliarden US-Dollar (knapp 226 Mrd. Euro). 2018 ging für viele Versicherungen in Deutschland bereits als Jahr der Extreme in die Geschichte ein: insgesamt 3,1 Milliarden Versicherungsschäden an Häusern, Kraftfahrzeugen, Hausrat, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft wurden verursacht.

Sturm und Hagel verursachen dabei die stärksten Schäden, gefolgt von Starkregen und Hochwasser.


Thüringer Wissenschaftler will mit App Meteorologen und Klimaforscher unterstützen

Eigentlich ist es nicht sein Forschungsgebiet, aber trotzdem hat sich Tobias Kellner aus Faulungen im Unstrut-Hainch-Kreis, der Doktorand der Universität Erfurt ist, an eine Wetter-App gewagt. Aus gutem Grund, wie er LandesWelle Thüringen verraten hat: „Ich hab die derzeitige Debatte als sehr subjektiv wahrgenommen und wollte mit Hilfe von empirischen Daten weiterhelfen. Ich denke die Debatten zum Klima und zum Wetter waren verzerrt. […] Deshalb habe ich diese Wetter-App entwickelt.“

Der Prototyp der Prima-Klima-App ist eine webbasierte Anwendung, also keine klassische App fürs Smartphone. Sie visualisiert die historischen Klima- und Wetterdaten aus bis zu 240 Jahren. Von verschiedenen Wetterstationen deutschlandweit können die Wetterdaten einzelner Tage gesucht und miteinander verglichen werden. Durchschnitte und Trends werden deutlich, ebenso wie Klimarekorde.

Damit macht die App von Tobias Kellner zum Beispiel Temperaturtrends für jeden ersichtlich: „In den letzten zehn Jahren ist ein starker Aufwärtstrend der Temperaturen zu sehen. Während beispielsweise in Erfurt die Durchschnittstemperatur bis in die 90er bei etwa 7 bis 8 Grad lag, war die Durchschnittstemperatur in den letzten drei Jahren über 10 Grad.“

Als Nutzer seiner App könnte sich Kellner Bildungseinrichtungen vorstellen, aber auch Wetterdienste. Für seine App bekam der Doktorand der Universität Erfurt auch einen Sonderpreis beim Thüringer Digitalfest.

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