Corona: Der Kampf gegen die Impfmüdigkeit

Anfang des Jahres war die Impfbereitschaft hoch – aber der Impfstoff knapp. Nun hat Deutschland genug Impfstoff, aber möglicherweise zu wenig Impfwillige. Wie kann vermieden werden, dass die Impfmüdigkeit überhand nimmt und uns eine vierte Corona-Welle erwischt?

Impfrückgang auch in Thüringen spürbar

Jetzt könnte der Kampf gegen die Corona-Pandemie – vor allem gegen die infektiöse Delta-Variante – an Fahrt aufnehmen: In den Impfzentren und Arztpraxen ist genug Impfstoff im Kühlschrank gelagert. Aber: Die Impfbereitschaft in der Bevölkerung nimmt ab.
Bemerkt auch die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen. Sprecher Matthias Streit sagt aber im LandesWelle Thüringen-Interview, dass man diesen Rückgang für Thüringen nicht pauschalisieren kann: „Wir haben einige Impfstellen, die laufen noch unter sehr hoher Auslastung. Wir sehen aber auch an einzelnen Stellen, beispielsweise am Impfzentrum Gera, dass die Auslastung deutlich niedriger ist. Da haben wir bei einer Kapazität von knapp 1500 Impfungen pro Tag im Moment eine Auslastung von 200-250 Impfungen pro Tag.“

Die Reaktion auf den Rückgang der Impfbereitschaft soll aber nicht die Schließung der Impfstellen sein. Bis Ende des Jahres sollen diese weiter betrieben werden. Allerdings möglicherweise unter anderen Bedingungen, beispielsweise mit weniger Personal oder dass die Öffnungszeiten entsprechend angepasst werden.

Impfkampagne in Thüringen rollt an

Doch es wird noch mehr getan, um wieder mehr Thüringer zum Pieks in den Oberarm zu bewegen. Eine Impfkampagne soll frischen Wind ins Impfgeschehen bringen.
Laut KVT-Geschäftsführer Jörg Merz sind sie gerade dabei viele Ideen mit Hilfe von Werbeagenturen zu realisieren: „Einmal eine große Plakataktion in ganz Thüringen. Wir werden sicherlich irgendwann Promoteams auf die Straße schicken. Es wird am Kyffhäuserdenkmal geimpft [am 22.07.2021, Anm. d. Red.]. Wir werden sicher in der Region Sonneberg einen Impfbus rumschicken. […] Aber nichtsdestotrotz: Wir können nur Angebote machen. Angenommen werden müssen diese durch die Bevölkerung.“

Annette Rommel, 1. Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen, setzt deshalb auch auf einen gewissen „Event“-Charakter bei den geplanten Aktionen. Man müsse an die Menschen ran und neue Wege gehen, so Rommel im Interview mit LandesWelle Thüringen, „Zum Beispiel mit Aktionen wie dem Nachtimpfen in Jena und Sömmerda. […] Wir haben Familienimpftage, Studentenimpftage… […] Aber insbesondere auch an Orten die ungewöhnlich sind, wird geimpft. Also da, wo Leute hinkommen und dann dort die Gelegenheit nutzen, sich impfen zu lassen.“

Impfaktionen deutschland- und weltweit

Auch deutschland- und weltweit werden immer wieder kreative Wege gefunden, die Impfbereitschaft zu erhöhen.
Auf dem Parkplatz Herford Süd an der A2 Richtung Hannover/Berlin wird zum Beispiel noch bis Freitag, 23. Juli 2021, fast täglich mit einem mobilen Impfzentrum geimpft. Das Angebot richtet sich hauptsächlich an LKW-Fahrer und -fahrerinnen, aber auch an Geschäftsreisende, die sonst kaum die Möglichkeit haben, einen Impftermin wahrzunehmen. Hier können sie ihren Pieks quasi im Vorbeifahren abholen.
Aber auch im Sauerland wurden schon kreative Wege eingeschlagen. In Attendorn im Kreis Olpe wurde zu einem Frühshoppen am Impfzentrum geladen, um Unentschlossene zu motivieren – mit Blasmusik, Brezel und einem alkoholfreien Bier.
In Solingen beispielsweise wurde auf Partystimmung gesetzt: Hier wurde für das örtliche Impfzentrum sogar ein DJ engagiert.

Bei unseren Nachbarn in Frankreich wurde der Strand von Marseille zum Impfzentrum: Schon im Juni veranstalteten hier Marinefeuerwehrleute mobile Impfungen am Strand.
Israel war bereits Anfang des Jahres kreativ: In Tel Aviv konnten Impfwillige in Bars nicht nur ihren Pieks, sondern auch einen alkoholfreien Cocktail abholen.

Hürden für Impfung möglicher Grund für Impfmuffel

Dass die Hürden, einen Impftermin vereinbaren und wahrnehmen zu müssen, möglicherweise ein Grund für Impfmuffel sind, erscheint auch Dr. Stefan Dammers, Chefarzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Katholischen Krankenhaus Erfurt logisch, denn: „Je aufwendiger eine Sache ist, desto weniger erreicht man damit. Also es macht sicher einen Unterschied, wenn ich mich komplex anmelden muss oder aber wenn jemand kommt und sagt: ‚Möchtest du geimpft werden, dann mach deinen Arm frei und es geschieht!‘ Es ist sicher nochmal ein größerer Faktor, die Impfung möglichst einfach zu machen.“
Aktionen wie beispielsweise das Impfen vor Supermärkten und Co. könnten dann auch mehr Menschen für eine Impfung begeistern.

Impfskeptiker vs. Impfgegner

Dass allerdings gerade von Impfmüdigkeit die Rede ist, sieht Dr. Dammers skeptisch. Wenn schon viele Menschen geimpft sind, können sich auch nur immer weniger Menschen impfen lassen.
Es gibt aber Menschen, die bezüglich der Impfung ihre Bedenken haben. Und die müssen unterschieden werden zwischen Impfskeptikern und Impfgegnern.
Eine gesunde Skepsis ist, laut Dr. Dammers, erstmal nichts Schlechtes: Man möchte informiert sein und wenn man die verschiedenen Argumente gegeneinander abwägt. Beim Skeptiker zählen am Ende aber auch Vernunftsargumente in die Entscheidungsfindung mit rein.
Impfgegner dagegen lassen sich von Argumenten nicht beeinflussen, da sie ihre Meinung bereits gebildet haben.

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